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Fulminanter fünfter Forschungstag mit Forschungspreis und neuen Perspektiven

Zum fünften Mal hat das Luzerner Kantonsspital (LUKS) am 14. November zu seinem Forschungstag eingeladen. Das grosse Interesse von Forschenden am LUKS und der Universität Luzern hat gezeigt: Nerv getroffen – die neuen Forschungsmöglichkeiten in der Praxis am Puls der Medizin interessieren.
30. November 2023
Lesezeit: 7 Minuten
Vier strahlende Preisträgerinnen und Preisträger mit den OK-Team.
Vier strahlende Preisträgerinnen und Preisträger mit dem OK-Team.

Bereits der erste Teil des Forschungstages sorgte für Brisanz: die neue CMO Katrin Hoffmann, François Curtin als neuer Leiter des Zentrums Klinische Forschung sowie Reto Babst, langjähriger Departementsleiter Chirurgie, Vordenker und Initiant, skizzierten die Neuausrichtung des LUKS als zukünftiges universitäres Lehr- und Forschungsspital. Dafür will sich die LUKS Gruppe im Bereich Forschung neu aufstellen.

Forschungsplatz LUKS

Katrin Hoffmann zeigte auf, welche Möglichkeiten sich für grosse Spitäler und führende Gesundheitsanbieter wie die LUKS Gruppe bieten und notwendig sind, um Spitzenmedizin im Dienst der Patientinnen und Patienten gewährleisten zu können. Sie sieht die LUKS Gruppe als Kristallisationspunkt des medizinischen Ökosystems der Wissenschafts- und Gesundheitsregion Zentralschweiz – der Ort, wo Kompetenz in Praxis und Forschung zusammenkommen. Reto Babst, Prodekan der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin an der Uni Luzern, stellte seine beiden Projekte: Das «Zentrum für Klinische Forschung» am LUKS und die «Stiftung für Klinische Forschung des Luzerner Kantonsspitals» vor. Die Stiftung soll mit Spenden und Legaten geäufnet werden.

Ziel ist die Profilierung des Zentrumspitals Luzern und der LUKS Gruppe als führende Spitalgruppe in der Schweiz, um für die exzellente Patientenversorgung beste Rahmenbedingungen zu schaffen. Francois Curtin zeigte auf, was notwendig ist, um die Mitarbeitenden des LUKS bei der Durchführung von klinischen Studien zu unterstützen. Eine besondere Chance sieht er in der Funktion des LUKS als grosses Zentrumspital, weil das grosse Patientenaufkommen sowie die Rolle und Aufgabe des Spitals Aussagen von hoher statistischer Signifikanz ermöglichen. In einem ersten Schritt soll die Infrastruktur für die Forschenden – das Zentrum für klinische Forschung mit der Clinical Trial Unit CTU – verstärkt werden.

Beste Fachkräfte gewinnen für beste Behandlungsqualität - und mit LUKiS punkten

Talente sollen am LUKS beste Arbeits-, Lehr- und Forschungsbedingungen vorfinden. Mit dem Klinikinformationssystem LUKiS hat sich das LUKS seit 2019 bereits an die Spitze der europäischen Spitaldigitalisierung katapultiert: Digitale Gesundheitsdaten sind das medizinische Forschungsfeld der Zukunft. Sie sind auch deshalb interessant, weil sie in einem digitalisierten Umfeld per se zur Verfügung stehen und im internationalen Kontext verglichen werden können. Daten ermöglichen belastbare Aussagen in der klinischen Forschung, Testverfahren, Simulation von Organfunktionen und den sicheren Einsatz neuer Ideen und Technologien. Dies führt in Diagnose, Therapie, Prävention und Prädikation zu hohem Patientennutzen.

Vision und Realität in der kritischen Beurteilung

Bei der Podiumsdiskussion mit allen Referierenden – souverän moderiert von Alexandra Kohl Schwartz, Co-Chefärztin Reproduktionsmedizin, und Matthias Bossard, LA Kardiologie, – wurden Visionen, Chancen und Rahmenbedingungen kritisch gewürdigt

Die illustre Runde war sich einig: Der Plan ist ambitioniert, doch grundsätzlich der richtige Schritt in die richtige Richtung. Im hektischen Spitalumfeld stellen sich nicht zuletzt Fragen nach Ressourcen und Supportmöglichkeiten für Forschungsprojekte. Die Hürden will man gemeinsam meistern. Andererseits wurde betont, dass die Spitalpraxis und die Spitalgrösse, die nationale und internationale Vernetzung und explizit auch das Klinikinformationssystem LUKiS mit seinen enormen digitalen Möglichkeiten bereits sehr viele Ressourcen für Forschung bieten. Jetzt gelte es, gezielt in den Forschungssupport und entsprechende Weiterbildungsangebote zu investieren.

Forschung konkret: Routine-Daten für gute Behandlungsresultate

Im zweiten Teil des Forschungstages wurde konkreter Einblick in die aktuellen Möglichkeiten am LUKS gegeben. Nicole Ritz, Chefärztin Pädiatrie, und Martin Stocker, Leiter Kinderspital und Chefarzt Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, zeigten auf, wohin die Medizin der Zukunft geht: Effektive Behandlungsoptimierung, weil alle relevanten Informationen digital aufbereitet vorliegen. Nicole Ritz sagte es deutlich: Datenerfassung ist kein Selbstläufer. Eine hohe Datenqualität steht primär im Dienst der guten Behandlung. Je besser die Qualität und Erfassungsdisziplin, desto effizienter dann auch die Umsetzung in Forschungsprojekten. Die neue Art, patientenrelevante Behandlungsinformationen zu erfassen, ist ein grundlegender Schritt für eine bessere Behandlungsqualität. Sie ermöglicht die ungeteilte Konzentration auf die Patientinnen und Patienten. Im Zentrum steht nicht mehr das Suchen und Notieren, sondern der direkte Dialog. Daten schaffen Übersicht. Spracherkennung statt Tippen wird der nächste Schritt sein.

Evidenzbasierte Medizin dank Deep Medicine

Das Kinderspital arbeitet bereits heute intensiv mit den digitalen Datenquellen und der digitalen und analogen Vernetzung in der Behandlung. Die Systematik nennt sich Deep Medicine. Dies sind maschinen- und laborgenerierte Daten und Informationen, die routinemässig in der Behandlung der Patientinnen und Patienten erhoben worden sind und so – natürlich verschlüsselt – Vergleiche und Erkenntnisse zulassen. Die neuen Erkenntnisse lassen sich sofort auch für die individuelle Patientenbehandlung nutzen. Kombiniert mit menschlichem Lernen und Empathie bieten sie die beste Ausgangslage, um die Behandlung weiter zu verbessern. Das Motto des Kinderspitals heisst: «Messbar. besser. aufgehoben.»

Hervorragende Forschung dank Kreativität in der Studienplanung

Martin Stocker zeigte eine weitere Innovation dank Digitalisierung und internationalem Austausch auf. Das LUKS in seiner Pionierrolle der Spitaldigitalisierung ist bei weltweiten Klinik-Netzwerken gern gesehener Partner. Diese Netzwerke stellen gemeinsam mit ihren digitalisierten Daten neue Studien auf die Beine und entwickeln so innovative Behandlungsansätze. Das dynamisiert auch die bisherige Forschungslandschaft mit ihren traditionellen Strukturen und Playern. Ohne viel Geld und dank gut geplanten Projekten und mit den richtigen Partnern können wichtige und relevante Forschungsvorhaben realisiert werden. Stockers Botschaft an das Publikum des Forschungstages: «Wir haben Daten, wir müssen sie nur nutzen – das kostet nichts und ist unglaublich wertvoll.»

Diskussion und Austausch: Vorbild Kinderspital

Die Teilnehmenden am Forschungstag zeigten sich beeindruckt vom Vorgehen des Kinderspitals; welches beispielhaft für weitere Kliniken am LUKS sein könnte. Den ersten Schritt – auch zur personalisierten Medizin – sehen Stocker und Ritz in der Standardisierung und Präzisierung der Datenerfassung. Sie ist einfach und schnell zu bewerkstelligen, liefert präzise Daten für spezifische Patientengruppen und Problemstellung und ist nützlich im Informationstransfer in der übergreifenden Zusammenarbeit aller involvierten spitalinternen und spitalexternen Fachpersonen. Falls Textbeschreibungen erwünscht sind, können diese bereits heute auf sehr hohem Niveau und zielgruppenspezifisch digital generiert und sogar in andere Sprachen übersetzt werden. «Daten statt Prosa», so Stocker, bringt so eine starke Entlastung in der klinischen Arbeit und verhilft zu Klarheit und Präzision.

Erstmals Forschungspreis am LUKS verliehen

Mit Spannung erwartet wurde zum Schluss die Verleihung des ersten Forschungspreises durch die Stiftung für Klinische Forschung des Luzerner Kantonsspitals für die besten publizierten Forschungsarbeiten am LUKS. 20 Publikationen wurden eingegeben und beurteilt, deren vier wurden zur Präsentation am Forschungstag eingeladen. Das Tagungspublikum konnte schliesslich über die Reihenfolge der Preisträger abstimmen. Die Preissumme wurde aufgrund der hohen Qualität der Studien unter den vier Finalisten aufgeteilt.

Erster Preis:

  • Michael Büttcher, Leitender Arzt Kinderspital: Methylprednisolone versus intravenous immunoglobulins in children with paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2 (PIMS-TS): an open-label, multicentre, randomised trial

Den zweiten Preis haben drei Publikationen gewonnen:

  • Alicia Fengler, Assistenzärztin Medizin, Medizinische Onkologie: Cost Effectiveness and Budget Impact of Nivolumab Plus Ipilimumab Versus Platinum Plus Pemetrexed (with and Without Bevacizumab) in Patients with Unresectable Malignant Pleural Mesothelioma in Switzerland
  • Brigitte Kaufmann, Neuropsychologin, Klinik für Neurologie und Neurorehabilitation: Joint impact on attention, alertness and inhibition of lesions at a frontal white matter crossroad
  • Janne Veerbeek, Fachverantwortliche Physiotherapie, Klinik für Neurologie und Neurorehabilitation: Profiling Daily Life Performance Recovery in the Early Subacute Phase After Stroke Using a Graphical Modeling Approach

Impressionen des Forschungstages:

 

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Die vier prämierten Arbeiten

Einsatz von Entzündungshemmern in der Kindermedizin

Die multizentrische Studie, bei der Michael Büttcher mit seinem Team involviert war, fand heraus, dass bei Kindern mit PIMS-TS, ein entzündliches Multisystem Syndrom, welches mit SARS-CoV-2 assoziiert ist, die Behandlung mit einem entzündungshemmenden Glucocorticoid (Methylprednisolon) eine geeignete Erstbehandlung sein kann. Dieses Glucocorticoid ist wesentlich erschwinglicher und weltweit besser verfügbar als ein intravenöses Immunglobulin, das bei dieser Studie als Vergleichsmedikament diente. Kinder, die mit Methylprednisolon behandelt worden sind, mussten in etwa gleich lange im Spital bleiben wie die Kinder, denen die Immunglobuline intravenös verabreicht worden sind, aber hatten eher einen geringen Bedarf für Beatmungsunterstützung. 

Schlaganfall und Rehabilitation

Während der stationären Neurorehabilitation haben Janne Veerbeek und ihre Kolleginnen und Kollegen bei Patientinnen und Patienten mit frühem subakutem Schlaganfall den Einfluss der Schlaganfalllokalisation auf die Leistungsfähigkeit im täglichen Leben und die Wechselbeziehung zwischen der wöchentlichen Erholung in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens untersucht. Sie konnten dabei vier Cluster von zusammenhängenden Leistungsbereichen identifizieren. Diese Erkenntnisse könnten in Zukunft bessere und kosteneffizientere Neurorehabilitationsprogramme ermöglichen, da Beeinträchtigungen der Patientinnen und Patienten rechtzeitig erkannt werden können.

Verhalten – Psychologie und Neurologie

Brigitte Kauffmann und ihre Kolleginnen und Kollegen konnten zeigen, dass bei Patientinnen und Patienten mit einem subakuten, rechtshemisphärischen Schlaganfall die visuell-räumliche Aufmerksamkeit, Wachsamkeit und Hemmung sowohl auf der Verhaltens- als auch auf der neuroanatomischen Ebene Gemeinsamkeiten aufweisen. Diese Erkenntnisse könnten zukünftige Rehabilitationskonzepte beeinflussen.

Gesundheitsökonomie als Entscheidungshilfe

Alicia Fengler und ihre Kolleginnen und Kollegen haben in ihrer Studie bei Patientinnen und Patienten mit nicht-resektablem malignen Pleuramesotheliom die Kosten-Effektivität von der Immuntherapie mittels Nivolumab und Ipilimumab im Vergleich zu den bestehenden Chemotherapiestrategien in der Schweiz untersucht und dabei die kritische Frage gestellt, ob wir uns das Privileg weiterhin leisten können, uns wenig oder gar nicht mit den gesundheitsökonomischen Aspekten zu beschäftigten, wenn wir die optimale Gesundheitsversorgung für unsere Patienten gewährleisten wollen.

Die Veranstaltung im Livestream nachschauen: 

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