Grüner Farbstoff ermöglicht präzisere und schnellere Operationen
Es war einer der grössten Kongresse dieser Art, sagt Philipp Szavay, Chefarzt Kinderchirurgie am Kinderspital in Luzern, noch immer voller Eindrücke über die regen Diskussionen, die in Sorrent, Italien über die neue Immunfluoreszenz bei der Behandlung von Kindern geführt worden sind. Das Thema war ein Schwerpunkt am Kongress, den er in seiner Funktion als Präsident der IPEG (International Pediatric Endosurgery Group) mit organisiert hat. Szavay ist überzeugt: «Hier haben wir es mit einer Technik zu tun, die nicht nur in der Kinderchirurgie die grösste Evolution durchläuft.» Eine Konsensgruppe aus 15 Berufskolleginnen und -kollegen unter Führung von Philipp Szavay erarbeitet aktuell international gültige Richtlinien für die Anwendung der Immunfluoreszenz bei Kindern.
Wo wann wie viel Farbstoff?
Dabei geht es um die richtige Dosierung des Farbstoffs, die ideale Verabreichungsform und den richtigen Zeitpunkt vor oder während der Operation. Dieser Fachartikel soll bis im November in einer hochdotierten Fachzeitschrift publiziert werden, basierend auch auf zahlreichen Erfahrungen am Luzerner Kantonsspital (LUKS).
Die Immunfluoreszenz-Markierung bei Kindern steht zwar noch am Anfang, allerdings nimmt die Anzahl Anwendungen stark zu. «Als erstes Spital weltweit haben wir die Fluoreszenzmarkierung beispielsweise bei einer minimalinvasiven Lungenresektion bei einem Kind oder auch bei einem neuroendoskopischen Eingriff an einem acht Monate alten Säugling angewendet», sagt Philipp Szavay. Am Kongress konnten Berufskollegen und er über ihre Erfahrungen berichten. Es sei wie ein positiver Teufelskreis: Der Fachaustausch verleihe andern Kinderchirurginnen und -chirurgen mehr Sicherheit in der Anwendung, das erhöhe die Anzahl gesicherter Ergebnisse und daraus könnten präzisere Leitlinien zur Anwendung verfasst werden. Und: «Je mehr man sich mit der Technik befasst, desto grösser wird das mögliche Spektrum der Anwendungen.»
Dadurch können wir präziser und schneller operieren – und das schonender und sicherer für die Kinder.
Die Expertinnen und Experten am Kongress waren sich einig, dass die Eingriffe mit Fluoreszenzmarkierung präziser und mit hervorragender Sicherheit vorgenommen werden können. Bei Erwachsenen ist die Technik schon länger und breit im Gebrauch. «Viele wenden sie in der Onkologie, der Urologie, bei offenen Operationen oder bei Routineeingriffen etwa am Darm oder in der Speiseröhre an», sagt Szavay.
Keine bekannten Risiken
Bei Kindern erfolgt der Einsatz der Fluoreszenzmarkierung noch immer off-label, denn esfehlen breit abgestützte wissenschaftliche Daten bei dieser Patientengruppe. «Aber die harmlose grüne Farbe wird wieder ausgeschieden. Es gibt keine bisher bekannten Risiken, die Anwendung ist frei von Nebenwirkungen und bringt, zusammen mit der nötigen modernen Technologie und Bildgebung einen grossen Nutzen für die Patientinnen und Patienten.»
«Wir können während eines Eingriffs die Organanatomie, die Durchblutung, einzelne Gefässe und anderes mehr darstellen.» Die leuchtend neongrüne Farbe wird für das Chirurgenteam durch eine spezielle Technologie und Kamera auf einem Bildschirm leicht erkennbar. «Dadurch können wir präziser und schneller operieren – und das schonender und sicherer für die Kinder.»
Forschung hilft auch Erwachsenen-Chirurgen
Die Anwendung innovativer Techniken bei Kindern hat umgekehrt oft auch wieder positive Wirkung auf die Erwachsenenmedizin: «Die Industrie hat viel Geld in Entwicklung und Forschung für minimalinvasive Kinderchirurgie gesteckt, um den Durchmesser der chirurgischen Instrumente zu verringern. Darauf greifen mittlerweile auch Erwachsenen-Chirurgen immer mehr zurück, weil diese für sie handlicher und für minimalinvasive Eingriffe besser geeignet sind.»