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«Ich kann mit meiner Hand heute alles machen»

Der angehende Chefarzt Handchirurgie am LUKS, Dr. med. Urs Hug, sagt auch mal Nein zu Operationen, wenn sie zu wenig Erfolg versprechen. Im Fall des ersten neuartigen künstlichen Handgelenks, das er in der Zentralschweiz einsetzte, war er sich aber sicher, damit die Situation des Patienten verbessern zu können. Und Patient Röbi Scheuber ist mit dem Eingriff mehr als zufrieden.
29. August 2021
Lesezeit: 4 Minuten
Röbi Scheuber

Per 1. September wird Dr. med. Urs Hug Chefarzt der Handchirurgie am Luzerner Kantonsspital (LUKS). Vergangenen Oktober ist ihm eine Premiere in der Zentralschweiz gelungen – der Einbau eines modernen, mit Titan beschichteten künstlichen Handgelenks. Patient Röbi Scheuber aus Hergiswil NW (61) ist ein knappes Jahr später mehr als zufrieden. Seine vorbehandelnden Ärzte äusserten sich zwar skeptisch. «Ich aber war mir nach Gesprächen mit Urs Hug sehr sicher und voll überzeugt, dass es gut kommt», sagt Scheuber.

Für den Eingriff entschied sich Dr. med. Urs Hug erst nach einer Spiegelung des Handgelenkes mit einer Spezialkamera. «Ich schicke immer wieder Patienten nach Hause mit dem Rat, nicht zu operieren, wenn sich abzeichnet, dass sich Aufwand und Risiko einer Operation, gemessen am möglichen Erfolg, nicht lohnen.» Die Schwierigkeit beim Handgelenk sei die Stabilität. «Die Handwurzel enthält viele kleine runde Knöchelchen.» Bisher verwendete, in den weichen Handwurzeln verankerte Prothesen hielten zu wenig gut. Sie brachen oft aus, es kam zu Entzündungen und Schmerzen, vielfach mussten sie wieder entfernt werden.

Hug Urs WebseiteBanner
Mein Patient ist fit und aktiv. Er war der ideale Kandidat.

Dr. med. Urs Hug, Chefarzt Handchirurgie ab 1. September 2021.

Was Hug inzwischen insgesamt vier Mal machte, ist im skandinavischen Raum seit Jahren erfolgreiche Praxis. «Es gibt auch wissenschaftlich belegte gute Resultate.» Bei Patient Scheuber wurden eine Art Titan-Zapfen in die stabilen Röhrenknochen von Speiche und Mittelhandknochen eingebaut (siehe Röntgenbild). Die in die Zapfen gesetzten Pfanne und Kugel bilden den Drehpunkt im Handgelenk und stellen die Beweglichkeit sicher.

Meist zuerst in öffentlichen Spitälern

Im deutschsprachigen Raum sei man zurückhaltend mit solchen Neuerungen, sagt Dr. med. Urs Hug. Dass solche Eingriffe meist zuerst in grossen öffentlichen Spitälern erfolgten, habe gute Gründe: Zwei Drittel der Schweizer Handchirurgen arbeiteten in einer Praxis oder einem privaten Spital und riskierten nicht, sich aufgrund allfälliger Fehlschläge bei neuen Methoden einen schlechten Ruf einzuhandeln. Ein Zentrumsspital wie das LUKS sei besser vernetzt, seine Ärzte seien näher an der Entwicklung, Forschung und Weiter- und Fortbildung.

Röbi Scheubers künstliches Handgelenk
Dem Patienten wurden eine Art Titan-Zapfen in die stabilen Röhrenknochen von Speiche und Mittelhandknochen eingebaut. Oben ist der Fingeransatz zu sehen.
Röbi Scheuber
Röbi Scheuber zeigt die operierte rechte Hand mit der kleinen Narbe.
Die Operation war eine sehr grosse Wohltat.

Röbi Scheuber aus Hergiswil NW.

«Selbstverständlich machen auch wir solche Eingriffe nur, wenn wir sicher sind, dass sie funktionieren und Erfolg bringen», sagt Hug. Im Fall von Röbi Scheuber ist dies offensichtlich: «Ich kann mit meiner Hand heute alles machen. Sogar Holz spalten.» Der leidenschaftliche Skifahrer ist froh. «Auch Abfahrten mit dem Bike sind kein Problem mehr», erzählt er. Eine Versteifung des Handgelenks kam in diesem Fall für Urs Hug nicht in Frage: «Mein Patient ist fit und aktiv. Er war der ideale Kandidat.»

Viel besserer Alltag nach starken Schmerzen

«Herr Scheuber wusste, dass er mein erster Patient mit diesem Implantat ist. Wir haben mehrmals darüber gesprochen. Auch die Risiken habe ich ihm klar aufgezeigt.» Scheuber selber sagt: «Ich erlebte eine prima Beratung und fühlte mich immer sehr wohl.» Und der Leidensdruck war inzwischen sehr gross: «Die Schmerzen wurden zusehends unerträglicher. Die Operation war eine sehr grosse Wohltat. Der Alltag ist für mich um Welten besser geworden.» Er habe sich auch in der anschliessenden Handtherapie bei allen Beteiligten sehr gut aufgehoben gefühlt und würde sich wieder am LUKS operieren lassen, sagt Scheuber.

Eine langjährige Leidensgeschichte geht für ihn damit zu Ende. Als junger Zweitliga-Fussballer in Hergiswil hatte er ein Band gerissen, liess das aber nie behandeln. Verbände linderten die Schmerzen, und als Linkshänder konnte er die Schwierigkeiten mit der rechten Hand über Jahre vertuschen. Nach so einer «grossen Zerlegung des Gelenks» brauche es bis zu zwei Jahren Geduld, bis alles vernarbt sei und sich auch die Muskulatur wieder voll entwickelt habe, sagt Dr. med. Hug. «Aber man muss das Ergebnis immer mit dem Stand vor der Operation vergleichen.»

Zur Person

Dr. med. Urs Hug war schon früh von der Hand und ihren vielen Fähigkeiten fasziniert. Auch als junger Medizinstudent beschäftigte er sich immer wieder mit diesem sehr wichtigem Instrument in der Entwicklung des Menschen. «Das begann bei unseren Vorfahren, die damit den Speer aufs Mammut warfen.» Die Sensorik der Berührung beginne schon bei der Entwicklung des Embryos im Mutterbauch.

Abgesehen von schweren Verbrennungen und Transplantationen – solche werden aufgrund eines Grundsatzurteils in der Schweiz nirgends angeboten – behandeln die Spezialisten des LUKS alle Krankheiten und Verletzungen an den Händen und den peripheren Nerven. Das können ein Karpaltunnelsyndrom, ein Spickfinger, schwere Verletzungen etwa mit Sägen, abgetrennte Finger, Nervenoperationen, ein Gelenksersatz und vieles mehr sein. Für schwere Verbrennungen gibt es in der Schweiz je ein Zentrum in Zürich und Lausanne.

Es ist Dr. med. Urs Hug ein wichtiges Anliegen, seine erst seit 2015 eigenständige Fachrichtung besser etablieren zu können und auf politischer Ebene die nötige Anerkennung zu erhalten. Er engagiert sich deshalb auch standespolitisch als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Handchirurgie. Wichtige Anliegen in dieser Funktion sind ihm auch die Weiterbildung zukünftiger Fachärzte für Handchirurgie, die Erarbeitung von Qualitätskriterien sowie kostendeckende Tarife.

 

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