Rippenbrüche operieren oder nicht?
«Unfallchirurgen haben meist ihre bevorzugte Behandlungsmethode.»
Dr. med. Bryan van de Wall, Oberarzt Orthopädie und Unfallchirurgie, LUKS Luzern
Ein Sturz von der Leiter beim Fensterputzen oder von einem Gerüst kann ebenso wie Verkehrsunfälle zu stumpfen, also nach aussen nicht sichtbaren, aber dennoch gefährlichen Verletzungen des Brustkorbs führen. Bei etwa 10% der Betroffenen sind mehrere Rippen gebrochen. Falls die Atmung infolge des Traumas nicht beeinträchtigt ist und keine inneren Verletzungen, etwa an der Lunge, vorliegen, stehen im Prinzip zwei Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung: Entweder werden die Rippen chirurgisch fixiert oder aber nichtoperativ, vor allem mit Schmerzmitteln, behandelt. Nach sechs Wochen bis drei Monaten sind Rippenbrüche in der Regel vollständig ausgeheilt.
LUKS operierte standardmässig
Um nun herauszufinden, welche Methode womöglich überlegen ist, wurden in einer grossen Studie mit rund 900 Personen die Ergebnisse von sechs verschiedenen Kliniken für Unfallchirurgie verglichen. Drei Traumazentren, darunter das LUKS Luzern, behandelten Traumapatientinnen und -patienten mit Rippenbrüchen standardmässig chirurgisch, während die anderen drei nicht-operative Methoden wählten. Tatsächlich zeigte sich, dass die chirurgische Fixierung mit dünnen Rippenplatten aus Titan keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil: Der Spitalaufenthalt der Betroffenen verlängerte sich, auch war die Schmerzlinderung geringer als erwartet. Bei einem Teil der Operierten kam es zu Infektionen und Unverträglichkeiten des Implantats. «Mit dem Ergebnis hatten wir nicht gerechnet», sagt Bryan van de Wall, Oberarzt für Orthopädische Chirurgie am LUKS und einer der Autoren der Studie. Am LUKS würden multiple Rippenbrüche nun ebenfalls mehrheitlich konservativ behandelt – die Ergebnisse sollen in einer weiteren Studie dokumentiert werden.
Schnelle Fortschritte in der Traumachirurgie
Die Methode einer beobachtenden Studie, wie sie im Fall der Rippenbrüche gewählt wurde, passe besonders gut zu chirurgischen Fragestellungen, betont der Unfallchirurg. «Niemand lässt sich gerne zufällig zuteilen, wie das bei sogenannten randomisierten Studien üblich ist, wenn es um eine so wichtige Frage wie operieren oder nicht geht.» Nicht nur die Patientinnen und Patienten hätten klare Präferenzen, sondern auch die jeweiligen Zentren, denen die verunfallten Personen zugewiesen werden. Verglichen mit randomisierten Studien sei eine beobachtende Studie viel weniger aufwendig, verursache deutlich weniger Kosten und führe zudem viel schneller zu Ergebnissen. «Dann könnten wir auch Schritt halten mit den sich schnell verändernden Behandlungsmethoden für orthopädische Traumata.»