Warum bin ich ausgerechnet in den Ferien krank?
Das Phänomen der «Freizeitkrankheit», englisch «leisure sickness», ist allgemein bekannt. So hat eine Studie mit einer Befragung von 2000 Berufstätigen in Deutschland im Jahre 2017 gezeigt, dass jede(r) Fünfte betroffen ist. Insgesamt ist das Phänomen aber wissenschaftlich noch ungenügend untersucht.
Ungleichgewicht des vegetativen Nervensystems
Aus Erfahrung wissen wir allerdings, dass körperliche oder psychische Beschwerden in den Ferien nach dem abrupten Ende einer stressreichen Arbeitsperiode typisch sind. Die Bandbreite der Symptome erstreckt sich von Schlafstörungen, Erkältungssymptomen und Kopfschmerzen bis hin zu allgemeiner Erschöpfung.
Doch warum werden wir gerade dann krank, wenn der Arbeitsstress hinter uns liegt und wir uns in den langersehnten Ferien befinden? Als Erklärung ist ein Ungleichgewicht des vegetativen Nervensystems plausibel, welches die beiden Gegenspieler Sympathikus und Parasympathikus umfasst. Der Sympathikus ist in Stress- und Notfallsituationen besonders aktiv, während der Parasympathikus die Körperfunktionen in den Ruhephasen steuert. Durch das Zusammenspiel der beiden werden lebenswichtige Körperfunktionen wie der Herzschlag, die Atmung, die Verdauung und der Stoffwechsel beeinflusst.
Keine Frage von Alter oder Geschlecht
Ist der Körper im Arbeitsleben Stress und Leistungsdruck ausgesetzt, wird er durch eine hohe Aktivität des Sympathikus zu geistigen und körperlichen Höchstleistungen angetrieben. Die ständige Ausschüttung von Stresshormonen kurbelt auch das Immunsystem an. So gelingt es besser, anstrengende Arbeitsphasen energiegeladen und gesund zu überstehen.
Fällt dann der Leistungsdruck in den Ferien plötzlich weg, sinkt der Stresshormon-Pegel und die Immunabwehr lässt nach. Dadurch werden wir anfälliger für Erkältungskrankheiten oder Erschöpfungssymptome. Dies ist im übrigen weder eine Frage des Alters noch des Geschlechts.
Als vorbeugende Massnahme kann ein ausgewogener Lebensstil im Arbeitsalltag das Risiko für die «Freizeitkrankheit» vermindern. Auch ausserhalb der Ferien sind Erholungs- und Entspannungsphasen wichtig. Es bewährt sich, Arbeit und Freizeit klar zu trennen, Zeit für Familie und Freunde bewusst einzuplanen. Besonderes Augenmerk verdienen die Tage unmittelbar vor den Ferien, wo sich oft allerhand anstaut. Dem lässt sich allenfalls durch eine frühzeitige Planung zum Teil vorbeugen. Auch ausreichend Schlaf und regelmässige Bewegung können helfen.
Im Wiederholungsfall genauer hinschauen
Falls jemand wie Sie wiederholt von der «Freizeitkrankheit» betroffen ist, die Ferien also nicht voll geniessen kann, kann dies Ausdruck eines chronischen Erschöpfungszustandes oder einer beginnenden Depression sein. Solche Warnzeichen sollten Sie auf jeden Fall Ernst nehmen. Gegebenenfalls ist es ratsam, professionelle Hilfe zu suchen.